aesthetic thoughts, 2016-2018,  paintings, photography, installation

gaps between seconds -, 2009-20011,  paintings, photography

aesthetic thoughts 2, 2017, acryl on canvas, 80cm x110cm

 aesthetic thoughts 3, 2017, acryl on canvas, 40 cm x 60 cm 


 illusionary architecture - thoughts follow images, 2017, Acryl auf Leinwand 150 cm x 210 cm 


aesthetic thought stream 2, 2019
acryl on canvas
100x150cm


 aesthetic thoughts, 2016, acryl on canvas, 90 cm x 130 cm 


merging into presence 2015, 110cmx130cm

aesthetic thoughts 7, acryl on canvas, 210cm x 155cm 

aesthetic thoughts 4,5,6, 2017
a 28cmx34cm

fleeting matter 2015, acryl on canvas, 150 cm x200cm 

in turn-falling into pieces, 2015, acryl on canvas, 150 cm x200cm

precious gaps 2013 acryl on canvas 110cmx130cm 


 
aesthetic thought spaces / stream of perception in fragments

In meiner aktuellen Arbeit gehe ich Fragen über Wahrnehmung, Wirklichkeitsentstehung und damit verbundenen ästhetischen Denkprozessen nach.

Visualisierungen der Erfahrung von Kunst, und deren Wahrnehmungsvorgänge stehen dabei exemplarisch für das Entwickeln von Vorstellungen allgemein, und somit für ein Denken aus- und in Bildern. Besonders interessieren mich die fluiden Prozesse, das relationale Werden von geistigen Vorstellungen und deren Umformungen unserer Realität, sowie eine damit verbundene Reflexion von Denkmustern und gewohnten Sichtweisen.
In Serien "aesthetic thougts" oder "aesthetic thought spaces" folge ich fiktiven, visuellen Spuren von Wahrnehmungsprozessen. Es ist ein Überlagern innerer und äußerer Bilder, welches das Wahrnehmen aus dem Erfahren, Erinnern und Einbilden nachzeichnet und mit Zeit- und Raumverhältnissen, Eigenwahrnehmungen und Interdependenzen experimentiert. Die Phänomene von Zusammensetzung und Auflösung, der Übergang von einem Moment zum anderen und der Raum dazwischen werden dabei durch ein fließendes Umstrukturieren der Materie visualisiert, um so das kontinuierliche Zusammensetzen von Vorstellungen zu imaginieren.

Das Bildmaterial dafür entstammt einem fotografischen Archiv eigener Kunstrezeption und alltäglicher Beobachtungen. Die Medien Malerei, Fotografie und Installation setze ich in wechselseitiger Verbindung ein. Oft werden fotografische Fragmente zu digitalen Kompositionen verbunden und als Vorlage für den malerischen Prozess verwendet. Realistische Elemente werden dabei frei interpretiert, Abstraktion und gestische Malerei mit dem Duktus digitaler, grafischer Werkzeuge zusammengeführt. Die Überlagerungen formaler, kunstgeschichtlicher Parameter repräsentieren die variablen Einflüsse unseres zeitgenössischen Denkens.
Ein so visualisierte Strom ist nicht linear, sondern ein vielschichtiges, fraktales und dynamisches Installieren von inneren und äußeren Bildern, ein Konstruieren von Welt.
Neben Kunstwerken und Architektur bilden hier auch Phänomene und Strukturen aus Natur, Kultur und Alltagswelt, wie Schwärme, Gruppierungen und deren Bewegungen und Verbindungen, sowie wissenschaftliche, visuelle Simulationen die Schichtungen dieser Wahrnehmungsexperimente.

Das Potential des ästhetischen Denkens scheint sich für mich ganz besonders entlang der Erfahrung eines Kunstwerkes aufzufalten. Dabei werden Ordnungen von Erfahrung und Norm, mit denen wir gewohnt sind unsere Sinneswahrnehmungen zu Realitäten zu verknüpfen teilweise außer Kraft gesetzt. In diesem eigenständigen Verfolgen einer ästhetischen Spur wird das Erzeugen von Realitäten speziell erlebbar, da in der Kunstrezeption die Interpretation von Wahrnehmungen außerhalb der gewohnten Denkräume nötig ist, um sich einem Werk anzunähern.

Die Versuche, solche Prozesse der Wirklichkeitsentstehung nachzuzeichnen und diese in der ästhetischen Erfahrung auch zu destabilisieren, sind für mich auch besonders von ethisch relevanten Aspekten, wie Toleranz, Akzeptanz und Empathie motiviert. Ich sehe einen möglichen Zugang zu diesen Qualitäten in der Erkenntnis, dass wir in einer Realität leben, welche von unserer Wahrnehmung moduliert ist und deren Entstehung in relationalen und unendlich verzweigten Schichtungen zu finden ist, die wir zugunsten der Erhaltung des Lebens und in Rücksicht auf eine positive Entwicklung der Welt, auch bewusst verändern können und müssen.
 


 
gaps - between seconds
Mag. Günther Moschig,  Kunsthistoriker, Ausstellungskurator zur Ausstellung an der Universität Innsbruck Theologische Fakultät
Durchschreiten wir die Bilderfolge der Ausstellung werden gleich zwei Aspekte in den Bilderfindungen Nora Schöpfers deutlich. Zum einen ist das ein thematisch-inhaltlicher. Es geht in diesen neuesten Arbeiten um Verdichtung und Auflösen, genauer gesagt um den Augenblick dazwischen. Zum zweiten, und es scheint hier abermals um eine Schnittstelle zu gehen, und zwar auf einer medialen Ebene, um den Übergang von Fotografie in Malerei oder vice versa.
Und noch etwas fällt auf: eine Leichtigkeit des Tuns, lässt sich hinter diesen Bildern vermuten.
Nora Schöpfer hat an der Hochschule für Angewandte Kunst bei Oswald Oberhuber und Ernst Caramelle in Wien studiert und ist zunächst als Malerin hervorgetreten. In dem von den neuen Medien und der Fotografie vorgegebenen Diskurs um die eigenen ästhetischen Möglichkeiten hat sich auch die Malerei in den letzten Jahren wieder selbstreflexiv auf ihre Qualitäten bezogen. Und die ist am knappesten  beschrieben mit dem Auftragen von Farbe auf Leinwand. Das Arbeiten mit Farbe in einer bildkonstituierenden Funktion ist es letztlich auch , was die Malerei von anderen künstlerischen Medien unterscheidet.
Vieles ist dazu von Gerhard Richter in seinen fotorealistischen Bildern aus den 1960er vor formuliert. Seine weit reichenden Reflexionshorizonte hatten der Malerei vielfältige Möglichkeiten eröffnet, die für junge Künstler und Künstlerinnen, damit meine ich jene die in den 1980er Jahren aus den Akademien herausgekommen sind, Basis dafür geworden sind die Malerei als Medium zu verstehen und weiter zu entwickeln. Der Fotografie kommt darin eine besondere Rolle zu.
Wenn nun Nora Schöpfer Fotografien am Computer nachbearbeitet und mit ihm neue Bilder generiert ist sie dabei Malerin geblieben. Fotografische Vorgaben werden malerisch verwendet. Diese zunächst objektive Herangehensweise an das Motiv wird dann in der Weiterbearbeitung zu einer subjektiven Sicht umformuliert. In den Fotoserien ebenso, wie in den großformatigen Malereien. Die Unschärfen der Fotografie finden sich im Acrylbild als Verwischung wieder. Und genau diese Übereinstimmung im Bild ist die Qualität dieser neuen Arbeiten Schöpfers. Trotz unterschiedlicher medialer Erscheinung stellt sich die Frage nach Malerei und/oder Fotografie nicht. Die medialen Grenzen zwischen Fotografie und Malerei scheinen sich aufzulösen. Der Grund dafür liegt in der Blickweise und der technischen Raffinesse der Künstlerin.
Was ist nun die subjektive Sicht bei Nora Schöpfer? Eine Spur legen die Bildtitel: zum Beispiel gap. 08.10.2008/:16.14. Kaufhaus Tyrol, Maria Theresienstraße. Zeit wird in Schöpfers Weltwahrnehmung als Augenblick verstanden, als der Moment, in dem sich das Erlebte gerade schon wieder auflöst und zur Vergangenheit wird. Und es ist dieser Augenblick der Auflösung einer zuvor verdichteten Existenz, den Nora Schöpfer, wie das Videostill aus einem Film im Bild einfriert, als eine vom Alltag inszenierte und momentane Situation. In den neuen Bildserien sind es in erster Linie Szenen im öffentlichen Raum, an Orten der Kommunikation und sozialen Begegnung.
Hier wird gesprochen, gestikuliert, um sich dann wieder zu trennen. Die Herausforderung für Nora Schöpfer ist es, diesen Prozess zwischen Aufeinandertreffen und wieder Auflösen festzuhalten, und es geht hier auch um eine Subjektivierung von Zeit.
Wenn Nora Schöpfer, wie sie selbst formuliert „ visuellen Fährten folgt“ sind dies nicht nur Begegnungen  in öffentlichen Räumen, sondern auch Beobachtungen in den Mikro- und Makrokosmen der Natur. Die Videoarbeit „ Mückenschwarm“ (2009) macht das deutlich. Verdichtung und Auflösung durch Bewegung, aber auch strukturale Annäherungen an Mikroeinblicke in die Natur und das Leben, wie Sonnenreflexe, DNA Strukturen, Adern , also organischen Mikrostrukturen aus der Natur finden sich wieder in den Bildern.
Bei Nora Schöpfer bekommt der Augenblick durch ihren ganz persönlichen Blick auf das, was um sie passiert auch eine poetische Dimension und zwar in einem ganz ursprünglichen Sinn als die Wahrnehmung des Momentes, als ein ästhetisches wie rätselhaftes Erlebnis, das gerade noch darstellbar ist. Und es ist dieses gerade noch Festhalten können, das Nora Schöpfer zu interessieren scheint. Deshalb haben ihre Bilder auch etwas Flüchtiges - Leichtes, auch wenn sie ganz handfest und konkret als Leinwand oder als Lambdaprint an der Wand hängen.
Nora Schöpfer ortet im ästhetischen Produkt des Bildes das Geheimnis der menschlichen Existenz in den Momenten und Zwischenräumen von Verdichtung und Auflösung und setzt da an, wo sich die Formen wieder zu verändern beginnen. Wenn sie von „ der Qualität des nicht greifbaren Momentes “ spricht, mag das auch darauf hinweisen, dass sich der Augenblick gerade in seiner plötzlichen Verflüchtigung trifft, mit dem Erlebnis von Glück.
Text: Dr. Mag. Günther Moschig, Kurator, Kunsthistoriker